Alzey, (22.08.2024)
Im Jahr 2023 hat der Medizinische Dienst Rheinland-Pfalz insgesamt 466 Sachverständigengutachten zu vermuteten Behandlungsfehlern erstellt. In 27,1 Prozent der untersuchten Fälle in Rheinland-Pfalz bestätigte sich der Verdacht auf einen Behandlungsfehler, was einer Anzahl von 126 entspricht. Bei 20 Prozent dieser bestätigten Behandlungsfehler konnte festgestellt werden, dass der Fehler direkt für den entstandenen Schaden verantwortlich war – das betrifft 93 Fälle. Aussicht auf Schadensersatz besteht für Patientinnen und Patienten ausschließlich in diesen Fällen.
Die Zahlen des Medizinischen Dienstes spiegeln insgesamt nur einen kleinen Ausschnitt der tatsächlichen Behandlungsfehler wider. Zahlreiche Fälle bleiben unentdeckt – weil sie in Deutschland nicht zentral erfasst werden oder von betroffenen Patientinnen und Patienten nicht erkannt und daher auch nicht überprüft werden.
Meldepflicht für Never Events erforderlich
Im Interesse der Patientinnen und Patienten setzt sich der Medizinische Dienst seit Jahren für mehr Transparenz und eine systematische Verbesserung der Patientensicherheit ein.
Im Fokus stehen dabei die sogenannten Never Events - besonders schwerwiegende, aber vermeidbare Schadensereignisse wie beispielsweise Patienten-, Seiten- und Medikamentenverwechslungen oder zurückgebliebenes OP-Material im Körper. Wenn solche Fehler auftreten, haben sie nichts mit dem Versagen Einzelner zu tun. Sie zeigen vielmehr, dass Risiken im Versorgungsprozess bestehen, weil zum Beispiel bekannte Sicherheitsvorkehrungen – wie Checklisten und Markierungen von Patienten vor Eingriffen – nicht angewendet werden.
„Für Never Events sollte eine Meldepflicht eingeführt werden, weil man aus ihnen systematisch Präventionsmaßnahmen ableiten und so die Patientensicherheit verbessern kann“, sagt Prof. Dr. Jürgen Koehler, Vorstandsvorsitzender des Medizinischen Dienstes Rheinland-Pfalz.
Hintergrund
Der Medizinische Dienst ist der unabhängige sozialmedizinische Beratungs- und Begutachtungsdienst für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung. Zu seinen Aufgaben gehören sowohl Einzelfallbegutachtungen von Versicherten als auch Qualitätsprüfungen in Pflegeheimen und Krankenhäusern. Bei einem Behandlungsfehlerverdacht können sich Versicherte zunächst an ihre Krankenkasse wenden, die dann den Medizinischen Dienst mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragen kann. Die Fachärztinnen und Fachärzte des Medizinischen Dienstes klären dann, ob ein Behandlungsfehler einen Schaden beim Versicherten verursacht hat. Den Versicherten entstehen durch die Begutachtung keine Kosten.
Weitere Informationen zum Thema Behandlungsfehler finden Sie auf unserer Unterseite Behandlungsfehler.